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September 2019, Peter Steiner

Mattenwässerung in Gontenschwil

Im Monatsbeitrag vom Mai/Juni 2008 haben wir uns eingehend mit der einst unerlässlichen Wässerung der Wiesen und den damit verbundenen Rechten und Pflichten der Besitzer befasst. Nun liegt uns ein einschlägiges Dokument von 1817 vor, das kürzlich auf einem Gontenschwiler Estrich aufgetaucht ist. Es gibt uns Gelegenheit, auf das Thema zurückzukommen.

Es handelt sich um den «Kehrbrief für die Mattenbesitzer, welche das Recht haben, ihre Maten zu bewäßeren von dem Tolenwaßer aus dem Dorfbach, welches durch des Rudolf Frey, Wilibaschis, Baumgarten läuft». Unter «Dole» versteht man die röhrenförmige Einfassung eines Wasserlaufs oder einen Abzugsgraben. Beteiligt an der Wasserkehre waren damals die folgenden acht Bauern:

Aussenseite des Dokuments: Kehrbriefabschrift, welche das Recht haben ihre darin vermelten Matten zu beweßeren von dem Tohlenwaßer aus dem Dorfbach Gontenschwil, den 13ten April 1817

Aussenseite des Dokuments: Kehrbriefabschrift, welche das Recht haben ihre darin vermelten Matten zu beweßeren von dem Tohlenwaßer aus dem Dorfbach Gontenschwil, den 13ten April 1817

  • Rudolf Frey, Wilibaschis
  • Heinrich Bolliger im Wili
  • Hans Frey und sein Bruder
  • Hans Rudolf Frey
  • Heinrich Schlatter
  • Hans Jacob Schlatter
  • Hans Jacob Haller, Badwirt

Der Kehrbrief regelte auf die Stunde genau, von wann bis wann dier Berechtigten das Wasser nutzen durften. Die Zeitdauer war sehr unterschiedlich. Sie hing zweifellos von der Grösse der zu bewässernden Grundstücke ab. Der Stundenplan war recht komplliziert. Einigermassen überschaubar war der direkte Wasserbezug des Dolenwassers. Er stand weitgehend Heinrich Bolliger zu. Dieser durfte seinen Baumgarten von Samstag 12 Uhr bis Dienstag morgens um 7 Uhr und wiederum von Mittwoch 7 Uhr bis Samstag 12 Uhr wässern. Der dazwischen liegende Tag stand dem Badwirt Haller zu. Der Plan fährt aber noch weiter. Er gestattete Rudolf Frey, Wilbaschis, durch dessen Baumgarten das Wasser floss, die Wässerung für die kurze Zeit von Samstag 12 Uhr bis Montag 6 Uhr. Für uns bleibt unklar, ob sich die gleichzeitg berechtigten Frey und Bolliger nicht in die Quere kamen.

Neben dem Fliesswasser berücksichtigte der Kehrbrief auch das Abwasser aus Freys Baumgarten. Dieser muss ausser dem wenigen Wasser aus der Dole noch weiteres Wasser zur Verfügung gehabt haben. Hauptnutzniesser war auch beim Abwasser Heinrich Bolliger. Es war ihm aber genau vorgeschrieben, auf welche Wiesen er das Wasser leiten durfte. Gleiches galt für die übrigen Nutzer. Ihr Recht war zum Teil auf wenige Stunden beschränkt. Die Brüder Heinrich und Hans Jacob Schlatter beispielsweise durften ihre Wilimatt nur gerade sechs Stunden am Samstagmorgen wässern. Andere Bauern kamen teils nur alle zwei oder sogar nur alle vier Wochen an die Reihe. Der Plan ist eher unübersichtlich, so dass wir auf weitere Einzelheiten verzichten.

Dier Kehrbrief schliesst mit dem Hinweis auf besondere Vorfälle. Wenn einer regelwidrig Wasser benutzte, hatte er dem eigentlich Berechtigten den Schaden nach dessen Vorgabe zu vergüten. Wenn an der Wässerungsanlage Arbeiten anfielen, sei es am Dolenwuhr oder anderswo, war von den Mattenbesitzern alles «nach porportion» zu verrichten, also im Verhältnis zur bezogenen Wassermenge.

Mit dem Datum, dem 15. April 1817, und der Liste der Wässerungsbauern endet das Schreiben.

  • Dokument

    • Titel:
      Mattenwässerung in Gontenschwil
    • Autor:
      Peter Steiner, Reinach
    • Veröffentlichung:
      1. Sept 2019
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