Monatsbeiträge

Jan. - Feb. 2016, Christian Märki / Rolf Bolliger

Kulmer Pitaval: Der rote Hahn in Gontenschwil

1. Teil

Im Beitrag für Oktober 2015 wurden das Werk Gayot de Pitavals und seine Auswirkungen einleitend näher dargestellt. Es wurde in Aussicht genommen, im Rahmen der Monatsbeiträge in loser Folge Kriminalfälle aus dem Bezirk Kulm vorzustellen, vorab solche, die in den Amtsblättern des Kantons Aargau publiziert sind. In der Darstellung werden die Urteilstexte, welche für sich sprechen, unverändert abgedruckt. Eine kurze Kommentierung beleuchtet einzelne ausgewählte Aspekte. Den Anfang machte ein versuchtes Tötungsdelikt in Beinwil am See ("Bluttat in Beinwil").

Die Reihe des "Kulmer Pitaval" wird fortgesetzt mit dem Fall einer im Jahre 1848 in Gontenschwil verübten Brandstiftung. Im vorliegenden ersten Teil wird der Text des Kriminalurteils vom 25. Januar 1849 veröffentlicht, im nächsten Monat werden die Anmerkungen folgen.

Causes célèbres et intéressantes

Causes célèbres et intéressantes

Der rote Hahn in Gontenschwil

Wir Präsident und Obergericht des Kantons Aargau urkunden hiermit:

Nachdem das Löbl. Bezirksgericht Kulm die mit Heinrich Gyger, Hans Rudolfs, von Gontenschwyl, 21 Jahre alt, reformirt, unverehelicht, Landarbeiter, im Besitze einigen Vermögens, wegen des Verbrechens der Brandstiftung geführte peinliche Untersuchung unterm 26. vor. Mts. beurtheilt, und die Akten anher gesandt, haben wir nach genauer Prüfung und erklärter Vollständigkeit derselben, so wie nach Anhörung der Schlüsse des Berichterstatters und des Gutachtens der Kriminalkommission

befunden:

Aus dem eigenen freiwilligen Geständnisse des Angeschuldigten und den übereinstimmenden Thatumständen ergebe sich: Nach dem bereits vor mehreren Jahren erfolgten Absterben seiner Eltern sei Heinrich Gyger von seinem Vormund, Heinrich Leutwyler von Gontenschwyl, zu Erlernung des Zimmerhandwerkes im Jahr 1845 einem Zimmermeister in die Lehre verdingt worden; sein reizbares, heftiges und rachsüchtiges Wesen habe ihn aber so beherrscht, dass bald die Aufhebung des Lehrvertrages erfolgt sei. Schon damals habe er seinem Vormund, der ihn nicht nach Wunsch mit baarem Geld unterstützt, und ihm mitunter wohlgemeinte Mahnungen und Zurechtweisungen ertheilt, Rache geschworen, und sich wiederholt dahin geäussert, er wolle dem Donner schon helfen, er verbrenne ihm einmal das Haus.

Seither sei Gyger an verschiedenen Orten, mitunter auch bei seinem Vormunde Leutwiler, und zuletzt in Wieltlispach Kts. Bern in Dienst gestanden; allwärts habe ihn aber der Gedanke beschäftigt, das Haus der Mutter seines Vormundes zu verbrennen. Am 7. Herbstmonat abhin habe er das Haus seines Meisters in Wietlispach unter Zurücklassung seiner Kleider und Schriften, und nachdem er sich einige Zündhölzchen zu verschaffen gewusst, gedrängt durch den nämlichen ruchlosen Gedanken, heimlich verlassen, und sei am 9. gl. Mts. bei seinem Schwager, Hans Rudolf Hediger, eingetroffen, bei welchem er die Nacht zugebracht. Am folgenden Morgen habe er sich nach Aarau begebe, um Arbeit zu suchen, sei aber Abends um 9 Uhr wieder nach Gontenschwyl zurückgekehrt. Da er das Haus seines Schwagers Hediger verschlossen getroffen und gewusst habe, dass dessen Frau sich unwohl befinde, sei er sofort, in der Absicht zu dem Hause der genannten Wittwe des Joh. Leutwyler gegangen, um daselbst Nachtherberge zu suchen. Auch hier seien die Hausbewohner bereits zur Ruhe gewesen, weshalb er sich in den unverschlossenen Viehstall verfügt und sich daselbst eine Lagerstätte bereitet habe. Am folgenden Morgen früh, etwa um 5 Uhr, habe er den Stall wieder verlassen, und sei dann bald von seinem Vormunde Heinrich Leutwyler bemerkt und freundlich mit dem Anerbieten begrüsst worden, er wolle ihm, wenn er gegenwärtig keinen Meister habe, einstweilen Kost und Unterhalt geben. Dieses Anerbieten annehmend, sei er im Auftrag seines Vormundes sofort an die Arbeit gegangen und habe aus einem Teiche Wasser in den Jauchebehälter gestossen, bis er zum Frühstück gerufen worden.

Nach genossenem Morgenessen etwa um 7 Uhr habe er die angefangene Arbeit noch kurze Zeit fortgesetzt, und sich dann, während nur noch zwei Sohnsfrauen der Wittwe Leutwyler und zwei Kinder zu Hause gewesen, in der Absicht, den längst gehegten Vorsatz der Brandstiftung auszuführen, in die Futtertenne und über den Steighacken auf die Heubühne geschlichen. Dort habe er eines der mitgebrachten Zündhölzchen auf seinen Hosen gestrichen, und da es Feuer gefangen, dasselbe brennend in den Heustock geworfen.

Sobald das Heu zu brennen begonnen, sei er schnell wieder an seine Arbeit zurückgeeilt und, als Feuerlärm entstanden, in den nahe gelegenen Wald entflohen. Bis zum 9. Weinmonat sei er umher geirrt, indem er Nachts heimlich in Häuser eingeschlichen und sich mit Baumfrüchten, die er nächtlicherweise zu erwischen gewusst, genährt. So habe er auch, von Hunger getrieben, seinem Schwager Hediger einen Laib Brod im Werth von 4 Batzen entwendet. Endlich sei er, da er durch seine Flucht den Verdacht der begangenen Brandlegung auf sich gezogen, aufgegriffen, und dem Untersuchungsrichter überliefert worden.
Aus den Flammen des eingeäscherten Hauses habe nur die Viehwaare, und selbst diese nur mit grösster Anstrengung gerettet werden können; - die Fahrhabe sei mit Ausnahme zweier Bettdecken gänzlich verbrannt. Der der Hauseigenthümerin, den übrigen Hausbewohnern, und dem Handelshause Hans Adam Senn und Comp. in Zofingen durch diesen Brand erwachsene Schaden werde eidlich in folgender Weise angegeben:

a. Von der Wittwe Leutwyler:
1) der Schatzungswerth des im Brandverzeichniss unter Ziff. 2 versichert gewesenen Wohnhauses samt Scheuerwerk Frk. 1900. --
2) für verloren gegangene Fahrhabe " 1103. 60.
b. Von dem Sohn Heinrich Leutwyler an Fahrhabe " 779. 70.
c. " " " Jakob Leutwyler an gleiche " 543. 60.
d. von Elisabeth Erismann " 44. 10.
e. Vom Handlungshause Senn und Comp. in Zofingen für einen Posamenterstuhl " 200. --
Zusammen Frk. 4571. --

Unterstelle man diesen Thatbestand dem peinlichen Strafgesetze, so bestimme § 169. desselben: das Verbrechen der Brandlegung begeht derjenige, welcher eine Handlung unternimmt, aus welcher nach seinen Anschlägen an eines Anderen Gebäude eine Feuersbrunst entstehen soll, wenn gleich das Feuer nicht ausgebrochen ist oder keinen Schaden verursacht hat. § 170 sodann bezeichne im Nähern den Unterschied der Strafbarkeit in Beziehung auf die Folgen des Verbrechens, und besage unter Ziffer b und c.: Wenn das Feuer ausgebrochen und ein für den Verunglückten erheblicher Schaden entstanden ist, so ist schwerste Kettenstrafe langwierig im zweiten Grade zu erkennen. Diese Strafbestimmung treffe im Falle in allen Theilen zu. Zwar habe die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten von dessen Vertheidiger in Zweifel gezogen werden wollen, allein nach dem Gesammteindruck, den die Untersuchung auf den Richter hervorbringe, ohne Grund. Gyger sei nämlich seiner Bosheit bewusst gewesen und habe auch nach der That eine deutliche Vorstellung von den gefährlichen Folgen derselben für ihn gehabt. Wenn er auch gelegentlich sage: "ich kann dem Bösen nicht widerstehen, weil ich Lust daran habe" – und "es war ein inneres Etwas in mir wie ein böser Geist, das mich den ganzen Sommer hindurch quälte, vor Augen schwebte und antrieb, das Haus der Wittwe Leutwyler anzuzünden", so erzeige sich deutlich, dass er dennoch mit Erfolg seine bösen Gedanken habe bekämpfen können, indem er äussere, er habe sich oft froh aus dem Hause Leutwylers wegbegeben, weil er das nicht gethan, was in seinem Sinne gelegen". – Sittliche Lehren, die er im Unterrichte erhalten, habe er leichtsinnig vergessen und dem Kirchenbesuch aus Widerwillen entsagt. Der freie Wille des Angeschuldigten und dessen Einsicht in das Wesen seiner Verübung könne nicht weggeleugnet werden.

Bei Ausmessung der Strafdauer falle dann dem Angeschuldigten insbesondere noch früherer böser Leumund, so wie die reifliche Überlegung, mit der er die That ausgeübt, endlich auch die Unmöglichkeit des Schadenersatzes von seiner Seite erschwerend zur Last, während keine Milderungsgründe für ihn in die Wagschale gelegt werden könnten.

Demnach haben Wir in Erledigung dieser Untersuchung und in Bestätigung des bezirksgerichtlichen Urtheils

zu Recht gesprochen und erkennt:

Heinrich Gyger habe sich nach Mitgabe des § 169 des p. St.G. des Verbrechens der Brandstiftung schuldig gemacht, und werde daher in Anwendung des § 170. b mit Berücksichtigung der §§ 40 a. b. und 41. a. b. zu schwerster Kettenstrafe, langwierig im zweiten Grade auf die Dauer von 24 Jahren, sowie zum vollständigen Schadensersatz und zur Bezahlung sämmtlicher Untersuchungs- und Gefangenschaftskosten verurtheilt. V.R.w.

Urkundlich dessen haben wir diese Erkanntniss mit Unserem Siegel verwahren, und mit den gesetzlichen Unterschriften versehen lassen.
Gegeben in Aarau den 25. Jenner 1849.

Der Präsident des Obergerichts
TANNER
Namens des Obergerichts,
der Gerichtschreiber
Finsterwald

2. Teil

Amtsblatt des Kantons Aargau, 10. März 1849

Amtsblatt des Kantons Aargau, 10. März 1849

Im Januar 2016 wurde im Rahmen der Monatsbeiträge das im Amtsblatt Nr. 10 vom 10. März 1849 abgedruckte Kriminalurteil des Obergerichts vom 25. Januar 1849 veröffentlicht. Die Sachverhaltsdarstellung im obergerichtlichen Urteil erscheint in mehrfacher Hinsicht interessant. Zum einen ermöglicht sie einen Einblick in die Verhältnisse der von der Brandstiftung Betroffenen, zum andern wirft sie in Bezug auf den Verurteilten Heinrich Gyger einige Fragen auf. Das im Urteil geschilderte Geschehen kann zudem bezüglich der Örtlichkeiten genau zugeordnet werden.

Beim Brandobjekt handelt es sich um die am nördlichen Dorfrand von Gontenschwil gelegene Liegenschaft Bühl. Hans Leutwyler, Wysshoren, und Verena Hunziker von Oberkulm waren erst ein Jahr verehelicht, als sie 1811 dieses Heimwesen erwarben. Ein klassisches Aargauer Bauernhaus, wie sie damals üblich waren. Die Wände aus Holz und das Dach mit Stroh bedeckt.

Zur Zeit des Brandes war Hans Leutwyler bereits verstorben. Im Bühlhaus wohnten damals seine Witwe Verena Leutwyler-Hunziker und ihre ledigen Söhne Rudolf und Samuel, die sich um die Landwirtschaft kümmerten. Des Weiteren lebten dort der Sohn Jakob mit Ehefrau Verena Kiener und Kinder. Letzterer, von Beruf Weber, war als Heimarbeiter für das Handelshaus Senn & Co. in Zofingen tätig. Ein weiterer Sohn des Büelhans war Heinrich Leutwyler. Er hatte 1842 Elisabeth Hilfiker von Kölliken geheiratet. Das junge Paar wohnte in einem Haus an der Bachstrasse zur Miete (heute Geb. Nr. 31). In welchen Verhältnis die unter den geschädigten Hausbewohnern aufgeführte Elisabeth Erismann zu der Familie Leutwyler stand, erschliesst sich aus dem Urteil nicht.

Insgesamt fällt auf, dass die Sachverhaltszusammenfassung wenig auf die Geschädigten eingeht, dafür umso detaillierter das eigentliche Tatgeschehen, den äusseren Ablauf feststellt. So wird das der Brandstiftung unmittelbar vorangegangene Geschehen umfassend ausgeführt. Auch die eigentliche Tat wird in den Einzelheiten dargestellt. Weil das Bauernhaus, wie beschrieben mit einem Strohdach versehen war und weitgehend aus Holz bestand, brannte es buchstäblich wie Zunder. Mit den unzulänglichen Brandlöschmitteln der damaligen Zeit war es unmöglich zu retten. Wenigstens konnte das Vieh aus dem Brande geführt werden. Das Haus wurde mitsamt dem gesamten Hausrat ein Raub der Flammen – lediglich zwei Bettdecken konnten gerettet werden, was der besonderen Erwähnung wert war. Der Sachschaden wird im Urteil mit Fr. 4'751.00 beziffert, was Mitte des 19. Jahrhunderts ein erheblicher Wert war (zum Vergleich: der minimale Jahreslohn eines Lehrers gemäss aarg. Schulgesetz vom 8. April 1835 belief sich je nach Schulstufe und Schülerzahl auf Fr. 250.00 bzw. 300.00).

Der Brandstifter Heinrich Gyger stammte aus der Familie Namens Boss-Krämers. Grossvater Melchior Gyger hatte 1791 ein Haus im Gontenschwiler Bahn erworben (heute Bahnstr. 54) und dort einen Kramladen eröffnet. Daher der Zuname. Der Sohn Hans Rudolf (1786-1844) lebte später dort mit seiner Frau Elisabeth Eichenberger, die von Burg stammte. Dem Paar wurden sechs Kinder geboren, aber nur ein Sohn und zwei Töchter erreichten das Erwachsenenalter.

Im Januar 1826 starb Elisabeth, die Kinder waren damals im Alter zwischen 3 und 10 Jahren. Da Hans Rudolf seine Kinder nicht alleine aufziehen konnte, ging er eine zweite Ehe ein. Im Januar 1827 heiratete er Verena Eichenberger, die Schwester seiner verstorbenen Frau. Diese war bereits 43-jährig, als sie nur einen Monat nach der Hochzeit den Sohn Heinrich zur Welt brachte. So wuchs Heinrich Gyger mit den Halbgeschwistern Anna (1816), Hans Rudolf, (1820) und Verena (1823) im Bahn auf.

Hans Rudolf Gygers zweite Frau starb 1837, er selbst folgte ihr sieben Jahre später im Tode nach. Zu dieser Zeit verehelichte sich die älteste Tochter Anna Gyger mit Hans Rudolf Hediger, der gleich gegenüber auf der anderen Seite der Bahnstrasse wohnte (heute Bahnstr. 40). Anna zog zu ihrem Ehemann und mit ihr auch der jüngere Bruder Hans Rudolf. Das Vaterhaus wurde in der Folge von den Geschwistern veräussert. Übrig blieb Heinrich, der 17-järige Halbbruder, zwar mit etwas Vermögen aber ohne rechtes Zuhause. Da Heinrich noch nicht volljährig war wurde ihm Heinrich Leutwyler, Bühlhansen als Vormund zur Seite gestellt.

Im Urteil des Obergerichtes wird der Vormund Heinrich Leutwyler gänzlich positiv dargestellt: er hat seinem Mündel nicht nur eine Lehrstelle als Zimmermann verschafft, sondern ihm auch Mahnungen und Zurechtweisungen zu Teil kommen lassen. Zudem hat Heinrich Leutwyler sein Mündel am Tage der Brandstiftung freundlich aufgenommen und ihm Arbeit und Unterkunft gegeben. Demgegenüber wird der Brandstifter als reizbar, rachsüchtig, heftigen Wesens und boshaft beschrieben.

Liegenschaft Bühl 2 , Gontenschwil, Ort des Brandes von 1848

Liegenschaft Bühl 2 , Gontenschwil, Ort des Brandes von 1848

Das Verhalten Heinrich Gygers im Vorfeld der Brandstiftung erscheint als äusserst auffällig. Bereits Jahre vor der Tat, nach dem Lehrabbruch im Jahre 1845, scheint er mit dem Anzünden des Hauses gedroht zu haben ("Rache geschworen, und sich wiederholt dahin geäussert, er wolle dem Donner schon helfen, er verbrenne ihm einmal das Haus"). Der Gedanke an die Brandstiftung scheint zur fixen Idee Gygers geworden zu sein ("allwärts habe ihn aber der Gedanke beschäftigt, das Haus der Mutter seines Vormundes zu verbrennen"). Offenbar fasste Gyger am 07. September 1848 den Entschluss, zur Tat zu schreiten, indem er sich auf den Weg von Wietlispach nach Gontenschwil machte, wobei er Kleider Schriften zurückliess, jedoch einige Zündhölzer mitnahm. Bereits die jahrelange "Vorgeschichte", welche sich um den Brand des Hauses drehte, erscheint aussergewöhnlich und wirft Fragen nach der geistigen Disposition Gygers auf. Umso mehr ist dies der Fall aufgrund der Äusserungen Gygers ""ich kann dem Bösen nicht widerstehen, weil ich Lust daran habe" – und "es war ein inneres Etwas in mir wie ein böser Geist, das mich den ganzen Sommer hindurch quälte, vor Augen schwebte und antrieb, das Haus der Wittwe Leutwyler anzuzünden". Das Haus des Vormundes anzuzünden scheint geradezu wahnhaft und ein innerer Zwang geworden zu sein. Die von Gyger geschilderten Zwänge könnten allenfalls auf eine psychische Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis hindeuten, zu deren Symptomen u.a. Wahnvorstellungen und innere Stimmen gehören. Hinweise auf eine verminderte Zurechnungsfähigkeit verwarf das Obergericht indessen klar mit einer knapp und schroff anmutenden Argumentation: Gyger habe "dennoch mit Erfolg seine bösen Gedanken (…) bekämpfen können, indem er äussere, er habe sich oft froh aus dem Hause Leutwylers wegbegeben, weil er das nicht gethan, was in seinem Sinne gelegen". Aus dem Vorwurf, Gyger habe die im Unterrichte erhaltenen sittlichen Lehren leichtsinnig vergessen und dem Kirchenbesuch "aus Widerwille" entsagt, spricht die Moral des 19. Jahrhunderts.

Nachzutragen wäre, dass die Witwe Verena Leutwyler-Hunziker das Bühlhaus nach dem Brand wieder aufbauen liess. Ab 1862 war die Liegenschaft im Besitz der Söhne Heinrich und Samuel. Später gelangte das Heimwesen an Familie Würgler, der es bis heute gehört.

  • Dokument

    • Titel:
      Kulmer Pitaval: Der rote Hahn in Gontenschwil
    • Autor:
      Christian Märki
      Rolf Bolliger, Gontenschwil
    • Veröffentlichung:
      1. Jan. 2016
    • Download:
  • Quellen

    • François Gayot de Pitaval, Causes célèbres et intéressantes, avec les jugemens qui les ont décidées, Den Haag 1734ff. 18 Bde. (im Besitze d. Verf.)
    • Amtsblatt des Kantons Aargau, Jahresband 1849, Nr. 10, S. 167 f. (im Besitze d. Verf.)
    • Staatsarchiv Aargau AA 2013 Feuerstatthühnerrodel. Bevölkerungsverzeichnis 1850
    • Kirchenarchiv Gontenschwil Tauf- Ehen- und Totenrodel.
    • Gemeindearchiv Gontenschwil Lagerbücher 1829-1898
  • Literatur

    • Mirko Lenarcic Das Strafrecht des Kantons Aargau von 1803 bis 1868 mit Schwerpunkt auf dem Kantonal-Aargauischen Gesetzbuch über Kriminalverbrechen vom 19. Christmonat 1804, Europäische Rechts- und Regionalgeschichte Band 13, Dike Verlag 2011
    • 150 Jahre Kanton Aargau im Lichte der Zahlen 1803-1953, Aarau 1954
  • Anmerkungen

    • Herbstmonat: alte Bezeichnung für den Monat September.
    • Weinmonat: alte Bezeichnung für den Monat Oktober.
    • Hornung: alter deutscher Name des Monats Februar.
    • P.St.G: Peinliches Strafgesetzbuch
    • Hans Adam Senn und Comp.: Seidenbandweberei, gegründet Ende 17. Jh. von Hans Adam Senn in Zofingen, liquidiert 1882