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May - June 2022, Peter Steiner

Die Menziker Öle

1. Teil

Zu den sogenannt ehehaften Gewerbebetrieben, die eine staatliche Konzession benötigten, gehörten in alter Zeit neben Mühlen, Schmieden und Gerbenen auch die Ölen oder Öltrotten. Es gab nicht in jedem Dorf eine, doch im Oberwynental liefen gleich zwei, eine in Reinach, die andere in Menziken. Sie bedurften wie die Getreidemühlen der Wasserkraft, standen daher an der Wyna. Im nahen Beinwil wurde am Dorfbach eine dritte Öltrotte unterhalten. Weitere waren in Zetzwil und in Gontenschwil in Betrieb.
In den Öltrotten wurde zweifellos Raps gepresst. Dieser war schon den Römern bekannt und wurde in Mitteleuropa seit dem 17. Jahrhundert in grösserem Stil angepflanzt. Das Rapsöl diente in erster Linie als Brennstoff für Öllampen, weniger als Speiseöl.
Die Reinacher Öle wurde 1705 von zwei Brüdern Soland errichtet. In der Reinacher Dorfgeschichte wird sie eingehend gewürdigt. Hier interessiert uns vor allem die Menziker Öltrotte, die unseres Wissens noch nirgends näher vorgestellt wurde. Wenn wir die einschlägige Quelle richtig interpretieren, entstand sie im selben Jahr wie ihre Reinacher «Schwester». Sie kam auf einen Platz im untersten Bereich der heutigen Ölbergtstrasse zu liegen, etwa dort, wo sich jetzt die einstige Nagelfabrik befindet. Bei der «steinigen brugg» wird der Standort in einer Quelle beschrieben.
Vermutlich war die Menziker Öle in einem Gebäude untergebracht. Angaben sind nicht überliefert. Die Besitzverhältnisse aber waren kompliziert. Wir versuchen, aus der Koimbination zahlreicher Quellen den Überblick zu gewinnen. Eindeutig ergibt sich, dass im Laufe der Zeit zwei Familien die Trotte unterhielten, die Ammann von Menziken und die Eichenberger von der Burg. Als Ersteller der Trotte wird ein Melcher Ammann genannt. Genauer waren es drei Ammann-Brüder, die den Betrieb gemeinsam aufnahmen: Melcher Ammann-Vogt (*1657), Marti Ammann-Merz (*1659) und Ruedi Ammann Merz (*1666). In der Folge ist stets von Drittels-Anteilen die Rede. Die drei Brüder starben in den Jahren 1727 und 1728 kurz nacheinander. Melchers Nachkommen verzichteten nach einiger Zeit auf die Mitwirkung. Der Schwiegersohn Melcher Sager verkaufte 1741 sein Drittel an Ruedi Ammann, einen Sohn von Marti. Martis Witfrau hatte nämlich das Drittel des verstorbenen Mannes unmittelbar nach dessen Tod für 57 Gulden an Ruedi Eichenberger verkauft und damit die dauernde Mitbeteilgung der Familie auf der Burg begründet. Und das dritte Dritttel aus dem Nachlass von Rudolf Ammann? Es wurde zeitweise zweigeteilt, und es fanden verschiedene Handänderungen ausserhalb der Ammann-Familie statt. Klare Angaben sind unmöglich. Schliesslich muss das ganze Drittel oder ein Teil an Rudolfs Sohn, Melcher Ammann-Hunziker, gelangt sein. Erstmals 1751 wird er als Öler bezeichnet.

2. Teil

Die Ölmacher der Familie Ammann wohnten in nächster Nähe zu ihrem Betrieb, auf der Anhöhe gleich nördlich davon. Diese hiess ursprünglich Hübel, und die Ammann wurden als Hübelbauern bezeichnet. Doch die Öle am Fuss des Hügels bewirkte eine Namensänderung. Schon 1769 begegnen wir in einer Quelle dem neuen Namen Ölberg, der uns noch heute an die einstige Öltrotte erinnert. Im Unterschied zu den Ammann hatten die Eichenberger von der Burg aus einen beträchtlichen Weg zurückzulegen.
Wir verfolgen die weiteren Handänderungen bei den beiden Ammann-Dritteln nicht weiter, widmen uns aber noch kurz dem Eichenberger-Anteil. Er war bekanntlich seit 1728 im Besitz von Ruedi Eichenberger (*1675). Dieser begründete den Öler-Zweig seiner Familie. Seine vier Söhne wurden im Dorf Ölhansruedli, Ölhans, Ölfridli und Ölruedli genannt . Das waren zweifellos Hinweise auf ihren Beruf, nicht blosse Dorfnamen. Die vier müssen dem alternden Vater früh unter die Arme gegriffen haben. Ruedi junior wird 1738 in einer Quelle eindeutig Ölmacher genannt. In der dritten Generationt blieb als Öler einzig Hansruedlis Sohn Hans Rudolf übrig. Seine Vettern verzichteten offensichtlich alle auf eine weitere Mitwirkung. Hans Rudolf triit uns in den Quellen letzmals 1779 gegenüber als er nach dem Tod der ersten Gattin eine neue Ehe einging.
Es waren also stets mindestens drei Besitzer für den Gang der Öle verantwortlich. Man fragt sich, wie sie mit dieser Sachlage zurecht kamen. Wann hatte der Einzelne den Zugang zum Betrieb? Man kann sich vorstellen, dass zum Beispiel jeder Teilhaber monatlich 10 Tage lang zuständig war. Aber auch Reinigung und Unterhalt der Anlage mussten geregelt sein und allenfalls dafür notwendige finanzielle Aufwendungen. Es ging kaum ohne einen klaren schriftlichen Vertrag. Erhalten hat er sich kaum.
Aus unbekanntem Grund wurde der Betrieb der Öle vermutlich gegen Ende des 18. Jahrhunderts eingestellt. Angaben dazu fehlen. Einzig eine Quelle von 1812 bringt etwas Licht in das Dunkel. Melcher Ammannm, einer der letzten Öler oder ein Nachkomme, veräusserte damals sein Drittel an Ölplatz und Ölrecht. Das staatliche Betriebsrecht hätte also nochmals geltend gemacht werden können. Doch die Menziker Öle blieb für immer Geschichte.

  • Dokument

    • Titel:
      Die Menziker Öle
    • Autor:
      Peter Steiner, Reinach
    • Veröffentlichung:
      1. May 2022
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